Zur Navigation springen Zum Inhalt springen

Eine Beerdigung mit Udo und Co.

  • Jan Simowitsch am Klavier beim Begleiten eines der neuen Lieder für Beerdigungen. Im Hintergrund rechts Propst Matthias Krüger, daneben Pastorin Kerstin Hansen Neupert.

Rendsburg-Eckernförde - „Eine Trauerfeier in der Kirche gerne, aber wir singen nicht.“ Das hören auch die Pastorinnen und Pastoren im Kirchenkreis Rendsburg-Eckernförde immer wieder. Viele Menschen kennen die Lieder nicht mehr, die in den Kirchen gesungen werden, um Abschied zu nehmen. Sie haben keine Beziehung mehr zu den Kirchenliedern, so wie sie kaum noch eine Beziehung zur Kirche haben. Und so haben viele Pastorinnen und Pastoren Beerdigungen erlebt, in denen sie fast allein singen. Unter anderem über diese Erfahrung haben sich die Pastorinnen und Pastoren beim jüngsten Gesamtkonvent in Rendsburg ausgetauscht.

Wie wichtig das Singen bei Beerdigungen ist, verdeutlichte Jan Simowitsch, den der Konventsausschuss nach Rendsburg eingeladen hatte. Simowitsch ist Popkantor der Nordkirche und hat gemeinsam mit zwei Kolleginnen aus anderen Landeskirchen ein aktuelles Liederbuch für Trauerfeiern herausgegeben. „Wir wollten Lieder zusammenstellen, die auch Menschen ohne kirchlichen Bezug singen können“, sagt er. Lieder, die es den Trauergästen ermöglichen, singend ihre Gefühle auszudrücken. Dabei helfen bekannte Melodien. Und so ist das erste Lied, das Simowitsch mit den Pastorinnen und Pastoren singt, gleich ein Volkslied mit neuem Text.

Nach der Melodie von „Bunt sind schon die Wälder“ heißt es „Alles liegt in Scherben, denn Du musstest sterben, lange vor der Zeit“. Ein kräftiger Gesang ertönt in großer Runde, zu der auch einige Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker gehören. Geschmunzelt wird bei „Ein Stern, der deinen Namen trägt“, ein Schlager, der ebenfalls im neuen Gesangbuch vertreten ist. „Würdet ihr das Lied singen?“, fragt Jan Simowitsch in die Runde. Einige der Anwesenden können es sich vorstellen, andere nicht. „Das ist theologischer Quatsch“, sagt einer der Pastoren. Ein anderer meint, wenn das Lied bei der Bewältigung der Trauer helfe, sei es doch okay. Jan Simowitsch plädiert dafür, beide Standpunkte stehen zu lassen.

Es gebe kein richtig oder falsch, die Vielfalt der Meinungen sei real. „Über Musik zu streiten, ohne den konkreten Kontext zu beachten, ist unproduktiv“, sagt er, setzt sich ans Klavier und spielt „Hinterm Horizont geht es weiter“. Ein schwieriges Lied, gerade wenn es nicht vom Band in der bekannten Version von Udo Lindenberg kommt, meinen die einen. Man müsse dann schon gut üben und die Gemeinde führen, ergänzt einer der Anwesenden. „Wenn sich ein paar Udo-Fans unter den Trauergästen befinden und sie sich das Lied wünschen, dann führen sie“, erwidert Jan Simowitsch. Er möchte dazu anregen, das Repertoire zu erweitern und die Wünsche der Hinterbliebenen ernst zu nehmen.

„Es ist gut, wieder einmal solche Anregungen zu bekommen. Das haben wir im Alltag nicht so oft“, sagt Pastorin Kerstin Hansen-Neupert. Sie selbst hat als Ortspastorin in der ländlichen Gemeinde Hütten bei Eckernförde oft noch klassische Beerdigungen mit vielen sangeskräftigen Besucherinnen und Besuchern. „Ich frage beim Trauergespräch immer, ob es eine Anzeige in der Zeitung gibt“, sagt sie. Wenn es eine Anzeige gibt, kommt das Dorf. Wenn nicht, kann es auch ihr passieren, dass sie als Einzige singt.

Das neue Liederbuch „Dein Licht sehen“ (Strube Verlag) könnte dabei für künftige Trauerfeiern eine Hilfe sein. Jan Simowitsch plädiert dafür, dass die Kirchengemeinden es anschaffen. „Ich bekomme auch keine Provision“, sagt er mit einem Augenzwinkern und spielt fast ganz am Ende noch ein eigenes Lied: „Du bettest die Toten“. Ein weiteres modernes Lied, das zur Bewältigung der Trauer genutzt werden kann. Vielleicht sogar zum Mitsingen in der Trauerfeier.